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27.07.2022

Bericht aus der Kabinettssitzung vom 26. Juli 2022

1. Bayern forciert leichteren Brennstoffwechsel 

2. Kabinett bekräftigt Bedeutung des Netzausbaus und verstärkt Personal 

3. 1.500 Kilometer neue Radwege bis 2030 in Bayern / Freistaat schon jetzt attraktives Radl-Land 

4. Ausbau der Solarenergienutzung auf staatlichen Liegenschaften 

5. Corona: Bayern macht Teststrategie winterfest / Testzentren werden fortgeführt / Freiwillige Pooltestungen für vulnerable Gruppen 

 



1. Bayern forciert leichteren Brennstoffwechsel

Deutschland steht unmittelbar vor einem Energieversorgungsnotstand. Sichere und bezahlbare Energie und insbesondere eine für alle ausreichende Versorgung mit Erdgas wird spätestens im kommenden Winter nicht mehr selbstverständlich sein. Daher sind jetzt pragmatische Lösungen gefragt, um den Unternehmen so schnell wie möglich den Wechsel vom knappen Brennstoff Erdgas hin zu anderen Energieträgern, für die es einen funktionierenden Weltmarkt ohne Russland gibt, zu ermöglichen. Hierzu zählen beispielsweise Öl, Kohle oder Flüssiggas. Dadurch kann die Wirtschaft entlastet und mehr Erdgas als Vorrat für den Winter eingespeichert werden. Die Staatsregierung unterstützt ausdrücklich die Möglichkeit eines solchen Brennstoffwechsels. Jetzt ist die Zeit, schnell zu entscheiden und die Weichen für das kommende Winterhalbjahr zu stellen. Es muss alles unternommen werden, um im Bedarfsfall mit weniger Erdgasimporten auszukommen, ohne gleichzeitig die Bürgerinnen und Bürger im Kalten frieren zu lassen.

Der Freistaat fordert daher den Bund auf, sofort alle notwendigen Schritte einzuleiten, um einen Fuel Switch betreiberfreundlich und unbürokratisch, ohne aufwendige Genehmigungsverfahren und umfassend an die aktuelle Problemlage angepasst, gesetzlich zu verankern. Immissionsschutzrechtlich langwierige und komplizierte Genehmigungsverfahren dürfen dabei nicht im Weg stehen. Die vom Bund am 12. Juli auf den Weg gebrachten Änderungen der §§ 31 a ff. des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG), die spezielle Vorgaben für den Brennstoffwechsel bei großen und mittelgroßen Feuerungsanlagen bei einer Mangellage treffen, sind in der jetzigen Form nicht ausreichend. Die Staatsregierung beschließt daher folgende Maßnahmen:

1. Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz wird beauftragt, in der nächsten Ministerratssitzung am 2. August 2022 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes vorzulegen, der als Antrag in den Bundesrat eingebracht werden soll. Konkret sind vom Bund insbesondere folgende Änderungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes umzusetzen:
  • Zulassung des vorzeitigen Beginns oder temporäre Duldung
    Eine nach aller Voraussicht genehmigungsfähige Änderung des Anlagenbetriebs (z.B. durch andere Brennstoffe) muss von der schon jetzt grundsätzlich im BImSchG verankerten Möglichkeit des vorzeitigen Beginns (§ 8a BImSchG) mitumfasst sein. Wenn überwiegend wahrscheinlich ist, dass die Anlage (ggf. mit anderen Brennstoffen) betrieben werden darf, muss im Sinne der Versorgungssicherheit die Anlage sofort in der beabsichtigten Art betrieben werden dürfen.

  • Fristverkürzungen
    Bei Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligungen muss in Anlehnung an das LNG-Beschleunigungsgesetz (vgl. § 5 LNGG) eine Verkürzung der jeweiligen Fristen festgeschrieben werden. Gerade umfangreiche Genehmigungsverfahren wie etwa Planfeststellungsverfahren sind in der Regel sehr zeitaufwendig. Hier besteht ohne Abstriche bei der Sicherheit die Möglichkeit, etwa Auslegungs- oder Beteiligungsfristen zu verkürzen. Im LNGG werden die genannten Fristen verkürzt, etwa die Auslegungsfristen von einem Monat auf eine Woche, Einwendungsfristen von zwei auf eine Woche. Zudem liegt die Durchführung von Erörterungsterminen im Ermessen der zuständigen Behörde. Das sollte auch Vorbild für einen Brennstoffwechsel sein.

  • Neue Lagerstätten für alternative Brennstoffe
    Große und mittelgroße Feuerungsanlagen profitieren zwar bei einem Brennstoffwechsel von den neuen §§ 31a ff. BImSchG, soweit es um die Änderung ihres Emissionsverhaltens geht. Gegebenenfalls erforderliche Lagerkapazitäten für den alternativen Brennstoff (z. B. Öl) sind jedoch derzeit weiterhin zeitaufwändig zu genehmigen, wenn die Mengenschwellen der 4. bzw. 12. BImSchV erreicht werden. Hier hat der Bund leider auf halbem Weg aufgehört, eine Brennstoffumstellung grundsätzlich zu ermöglichen, ohne gleichzeitig das Lager für den Brennstoff mitzubehandeln. Es gilt daher, dieses Hemmnis unverzüglich zu beseitigen.

  • Ausdehnung des Anwendungsbereichs der §§ 31a ff. BImSchG
    Mit Erdgas befeuerte Anlagen, die nicht der 13. oder 44. BImSchV unterliegen (z.B. Reaktoren der chemischen Industrie, Nachverbrennungseinrichtungen zur Abgasreinigung), profitieren nicht von den vereinfachten Regelungen der §§ 31a ff. BImSchG. Auch Abfall(mit)verbrennungsanlagen und Abfallbehandlungsanlagen benötigen oftmals Erdgas als Stützfeuer und sind bisher nicht vom Regelungsbereich umfasst. Ferner kann deren Abgasreinigung auf Betriebsstoffe angewiesen sein, die unter erheblichem Einsatz von Erdgas hergestellt werden und knapper werden. Der Betrieb ohne diese Stoffe mit dann höheren und problematischen Emissionen wäre zeitaufwendig zu genehmigen. Gerade auch die chemische Industrie, aber auch die anderen Bereiche, sind daher stark von einer Gasmangellage betroffen. Unzählige Arbeitsplätze hängen an diesen Industriezweigen. Daher muss der Anwendungsbereich unverzüglich ausgedehnt werden, um möglichst viele Fallgestaltungen zu erfassen. 

2. Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz setzt bereits ein vereinfachtes Beurteilungsverfahren für Genehmigungsverfahren zum Brennstoffwechsel um und stellt es den zuständigen Vollzugs- und Genehmigungsbehörden zur Verfügung. Damit bekommen die Behörden ein einfaches Schema für Standardsituationen an die Hand, um im Einzelfall schnell prüfen und entscheiden zu können.

 

2. Kabinett bekräftigt Bedeutung des Netzausbaus und verstärkt Personal

Ein möglichst rascher und reibungsloser Stromleitungsbau ist essenziell für die Versorgungssicherheit Bayerns mit Strom sowie für eine erfolgreiche Transformation des bayerischen Wirtschaftsstandortes. Dies betrifft sowohl die überregionalen Übertragungsnetze als auch die regionalen und lokalen Verteilnetze.
Ziel der Staatsregierung ist, die Genehmigungsverfahren für den Stromleitungsbau sowohl im Verteilnetz- als auch Übertragungsnetzbereich zu beschleunigen.
Hierzu ist eine vorhabenbezogene personelle Verstärkung der entsprechenden Genehmigungsbehörden und deren Aufsicht notwendig. Die Genehmigungsbehörden und ihre Aufsicht werden deshalb kurzfristig um bis zu 40 Mitarbeiter verstärkt.

 

3. 1.500 Kilometer neue Radwege bis 2030 in Bayern / Freistaat schon jetzt attraktives Radl-Land

Ein Großteil der Wege, die die Bürgerinnen und Bürger täglich zurücklegen, ist kürzer als fünf Kilometer und damit ideal für das Fahrrad als klimafreundliches Verkehrsmittel. Die Förderung des Radverkehrs im Alltags- und Freizeitverkehr ist schon seit langem ein wichtiger Baustein bayerischer Verkehrspolitik. Die Bayerische Staatsregierung hat daher beschlossen, 1.500 zusätzliche Kilometer an neuen Radwegen bis 2030 auf den Weg zu bringen. Damit verstärkt die Staatsregierung ihre Investitionen in attraktive und sichere Radwege erneut. Das Maßnahmenpaket sieht nicht nur einen weiteren Schub für neue Radwege entlang von Bundes- und Staatsstraßen vor, sondern auch die Aufstockung bestehender Förderprogramme für Kommunen, die Einrichtung einer Zentralstelle Radverkehr zur Unterstützung der Kommunen, die Errichtung von mehr Abstellanlagen auch unabhängig vom ÖPNV und die Förderung von Busanhängern für den Fahrradtransport.

Bayern ist bereits jetzt ein Radl-Land: Der Freistaat investiert aktuell rund 100 Millionen Euro im Jahr in den Radverkehr. Bei der „Radoffensive Klimaland Bayern“ fließen zehn Millionen Euro in kommunale Leuchtturmprojekte, interkommunale Verbindungen und Radwege an Bahnstrecken oder im Wald. Besonders für den Tourismus ist das Radwegenetz ein Aushängeschild: 9.000 Kilometer Freizeitnetz und 125 Themenrouten sorgen für ein interessantes Angebot für alle Radl-Touristen. Ergänzt wird das Ganze durch den Radroutenplaner auf der Website „RadlLand Bayern“ und dem hohen Stellenwert der Fahrradmitnahme bei der Schienenpersonennahverkehrsplanung. Ebenso ist die Verkehrssicherheit im Radverkehr eine Erfolgsgeschichte: Im Laufe der Jahre wurden rund sechs Millionen Schülerinnen und Schüler in Theorie und Praxis auf sicheres Radfahren vorbereitet.

 

4. Ausbau der Solarenergienutzung auf staatlichen Liegenschaften

Bayern ist Sonnenland. Zur führenden Rolle des Freistaats bei der Nutzung von Solarenergie trägt auch die Bayerische Staatsregierung bei: mit Photovoltaik-Anlagen auf staatlichen Gebäuden. Auf über einem Drittel aller geeigneten Dächer befindet sich bereits eine Anlage und der Ausbau wird weiter forciert. Dazu sollen nach Beschluss des Ministerrats vom Mai dieses Jahres verstärkt auch private Investoren mit ins Boot geholt werden. In den nächsten zwei Jahren sollen dazu ungefähr 570 staatliche Dächer für die Errichtung privater PV-Anlagen verpachtet werden. Der Ministerrat hat heute grünes Licht für die Ausschreibung der Pachtverträge durch die Immobilien Freistaat Bayern gegeben. Aber auch die staatlichen Investitionen in die Nutzung der Solarenergie sollen weiter verstärkt werden. Bis Ende 2023 stellt die Staatsregierung dazu weitere 10 Millionen Euro für Anlagen auf staatlichen Gebäuden zur Verfügung. Mit zwei Pilotprojekten – einer Lärmschutzwand mit integrierten Photovoltaik-Elementen im Landkreis Augsburg und einer Machbarkeitsstudie zur Solarüberdachung des Flughafenzubringers in München – soll zudem das Solarpotenzial an Bundes- und Staatsstraßen analysiert werden. Die Errichtung von PV-Anlagen soll künftig in geeigneten Fällen Voraussetzung für eine Förderung von Park&Ride- und Bike&Ride-Anlagen sein. Die Staatsregierung hat hier heute den Weg frei gemacht für die Förderung entsprechender Pilot- und Demonstrationsvorhaben, von denen in jedem Regierungsbezirk ein Projekt realisiert werden soll.

 

5. Corona: Bayern macht Teststrategie winterfest / Testzentren werden fortgeführt / Freiwillige Pooltestungen für vulnerable Gruppen

Bayern baut seine Corona-Teststrategie für den Herbst und Winter aus. Damit knüpft der bayerische Ministerrat an die Testverordnung des Bundes vom 30. Juni 2022 an und schafft Klarheit.

Mobile Teststrecken, die flexibel eingesetzt werden können, haben sich gerade bei Ausbruchsgeschehen als großer Erfolg erwiesen. Daher sollen die mobilen Teststrecken der Regierungen bis einschließlich Dezember 2022 fortgeführt werden. Die erforderlichen Kosten für die mobilen Teststrecken der Regierungen trägt der Freistaat. Zusätzlich werden die rund 150 bestehenden Testzentren der Kreisverwaltungsbehörden ebenfalls bis Jahresende erhalten. Sie sollen zudem nach den Sommerferien um weitere dezentrale mobile Teams ergänzt werden. Damit steht zusammen mit den Teststellen von privaten Anbietern, Apotheken, Ärzten und Rettungsdiensten im Freistaat ein dichtes flächendeckendes Netz an rund 2.600 Teststellen bereit.

Um besonders vulnerable Gruppen noch besser zu schützen, sollen in den Alten- und Pflegeheimen präventive PCR-Pooltestungen ab Herbst ermöglicht werden. Dieses freiwillige zusätzliche Angebot zu den üblichen Schnelltests baut auf den sehr guten Erfahrungen aus den Pooltestungen für Schulen auf. Mit smarten Pooltestungen können Infektionen noch früher erkannt und die Ausbreitung des Virus in den Einrichtungen noch effizienter vermieden werden. Gerade angesichts der noch unklaren Lage für den Herbst und Winter, welche Variante mit welchen Eigenschaften vorherrschen wird, kann das Projekt für gefährdete Personengruppen noch mehr Schutz bieten. Der Freistaat wird die zweimal wöchentlichen Pooltestungen bei Beschäftigten und Bewohnern über eine Förderrichtlinie finanzieren und dafür rund 17 Millionen Euro für den Zeitraum September bis Dezember aus dem Sonderfonds Corona-Pandemie zur Verfügung stellen.

An den Schulen und Kindertagesstätten setzt die Bayerische Teststrategie ab Herbst weiter auf Freiwilligkeit. Eine Testpflicht ist vorerst nicht vorgesehen. Schulen und Kitas können jedoch für freiwillige Testungen zu Schuljahresbeginn Selbsttests aus den bei ihnen vorhandenen Beständen anbieten, wobei Kitakinder bis fünf Jahre auch weiter kostenfreie „Bürger“-Tests an den zahlreichen Teststellen im Freistaat erhalten können. Bei Bedarf können die Einrichtungen auch auf Vorräte bei den Kreisverwaltungsbehörden und aus dem Pandemiezentrallager zurückgreifen.

Aktuell verfügt der Freistaat neben den Beständen an Schulen und Kitas über weitere Vorräte von rund elf Millionen Selbsttests bei den Kreisverwaltungsbehörden sowie rund acht Millionen Selbsttests im Pandemiezentrallager. Darüber hinaus können über bestehende Rahmenverträge bis zu 62 Millionen Selbsttests bis Ende September abgerufen werden. Um für mögliche Herbst-Winterszenarien vorzusorgen, wird der Freistaat darüber hinaus für den Zeitraum Oktober bis Dezember vorsorglich Abrufverträge für Selbsttests zum Einsatz in Einrichtungen und Schulen für weitere 20 Millionen Tests pro Monat ausschreiben.